SPD Rosbach/Rodheim - Haushaltsrede von Dr. Rathjens

Veröffentlicht am 06.03.2021 in Kommunalpolitik

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Hans-Peter Rathjens ist in seiner Haushaltsrede pointiert auf den aktuellen Haushalt der Stadt Rosbach sowie die Entwicklungsperspektiven der Gemeinde eingegangen.

Im folgenden ist die Rede von Dr. Rathjens im Wortlaut abgedruckt.


Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, meine Damen und Herren,

heute haben wir über den Haushaltsentwurf 2021 zu entscheiden, den Sie, Herr BGM Maar, in Ihrer Funktion als Kämmerer ins Parlament eingebracht haben. An den Entwurf kann sicherlich nicht die Strenge angelegt werden wie in der Vergangenheit, da aufgrund der Coronavirus-Pandemie viele Dinge ins Wanken geraten sind und jedes zukunftsorientiertes Handeln mit erhöhter Unsicherheit verbunden ist.

An jede Zahl den Millimetermaßstab anzulegen, bringt in der jetzigen Situation keinen wirklichen politischen Erkenntnisgewinn. Bevor ich auf den Haushalt eingehe, zwei Anmerkungen vorweg.

Vor einem Jahr hatte ich ausgeführt:

Die SPD-Fraktion steht der Zusammenarbeit mit dem neuen BGM konstruktiv gegenüber mit dem Ziel, diese Stadt voranzubringen. Opposition um der Opposition willen ist nicht unser Anspruch – wir werden uns weiter einbringen. Es ist aber nicht zu erwarten, dass die hier im Parlament vertretenen Parteien ihre Grundüberzeugungen ändern. Denn dafür sind sie schließlich gewählt. Diese Ausführungen haben nach wie vor uneingeschränkten Bestand. Und rückblickend glaube ich sagen zu dürfen, dass die SPD-Fraktion ihr Versprechen eingehalten hat: Wir freuen uns, dass sich das politische Klima entspannt hat und wozu auch Sie, Herr Bürgermeister, einen wesentlichen Beitrag geleistet haben.

Besonders erfreut hat uns, dass Sie - in Begleitung von Frau Föh-Warzecha, ein wenig Schutz muss ja sein - nur kurze Zeit nach Ihrer Amtseinführung mit Vertretern der Orts-SPD nach Friedberg gefahren sind und wir uns gemeinsam Objekte unter der Überschrift „Bezahlbares Wohnen“ angeschaut haben. Diese Art der Zusammenarbeit hat letztlich dazu geführt, dass der in Friedberg ansässige Bauverein „Eigener Herd ist Goldes wert“ hier in Ober-Rosbach – getragen durch eine breite parlamentarische Unterstützung - ein Gebäude mit bezahlbaren Wohnungen errichtet. Dies ist ein 1.Schritt, dem hoffentlich weitere folgen. Und als SPD-Fraktion werden wir diesen Weg beharrlich weiter beschreiten. 

Sie sehen, Herr Egerter, dass auch andere in diesem Haus als nur die CDU-Fraktion mit dem BGM zusammenarbeiten und wichtige kommunalpolitische Vorhaben voranbringen kann. Wer einen Führungsanspruch stellt, der muss auch führen, der muss ein kommunalpolitisches Leitbild für die nächsten fünf Jahre entwickeln und kann dies nicht an den BGM delegieren. Die SPD-Fraktion hat den BGM zu einer Klausurtagung eingeladen und wir haben ergebnisoffen über Herausforderungen miteinander diskutiert. Deshalb muss man nicht in allen Punkten übereinstimmen, aber die Positionen im Dialog schärfen und versuchen, eine möglichst große Schnittmenge herauszuarbeiten.

So, nun zum Haushalt! Es gibt nichts daran herumzureden und es soll auch an dieser Stelle klar ausgesprochen werden. Der Haushaltsentwurf weist pandemiebedingt für 2021 und 2022 hohe Fehlbeträge aus, und zwar in einer Größe von rund 1,5 Mio. und 1,2 Mio. €. Erst für 2023 wird wieder ein ausgeglichenes Ergebnis und für 2024 ein solider Überschuss ausgewiesen. Wir werden nicht umhinkommen, diesen Finanzpfad erst einmal so zu akzeptieren und sollten auch nicht versuchen, dagegen anzusparen. Für den Ausbruch der Corona-Pandemie können wir nichts - wie wir damit umgehen, liegt natürlich in unser aller Verantwortung. Ich bin heilfroh, dass die Stadt Rücklagen hat, die nicht nur auf dem Papier existieren, sondern auch tatsächlich vorhanden sind, so dass eine Deckung der Fehlbeträge aus eigener Kraft erfolgen kann. Ein Weg, der nicht auf Dauer beschritten werden kann!

Lassen Sie uns auch in Wahlkampfzeiten realistisch bleiben: Diejenigen, die nach der Kommunalwahl in diesem Stadtparlament Verantwortung übernehmen, werden sich in den nächsten Jahren nach der Decke strecken müssen. Haushaltspolitik ist ein nüchternes – und oft auch sehr ernüchterndes – Geschäft.

Meine Damen und Herren, gerade wenn Finanzmittel besonders knapp sind, muss genau überlegt werden, für welche Zwecke die Gelder verwendet werden. Der Haushalt definiert die folgenden drei Hauptzielfelder für 2021:

  1. Rosbach v.d. Höhe für Bürger/innen
  2. Umwelt in Rosbach v.d. Höhe
  3. Stadtentwicklung in Rosbach v.d. Höhe.

Das steckt den groben Rahmen ab und muss im nächsten Schritt konkretisiert weiter heruntergebrochen werden, was dann erfolgt. Unter dem ersten Hauptzielfeld Bürger/innen werden die folgenden Punkte aufgeführt: Bürgerfreundliche Verwaltung, familienfreundliche Stadt, Freizeitangebote, Vereinsförderung, Brandschutz.  Gut so, aus Sicht der SPD-Fraktion! Eine kleine Spitze kann ich mir nicht ganz verkneifen:

Wo, Herr Egerter, war eigentlich die CDU-Fraktion, als es zwei Workshops zu dem Thema Vereinsförderung gab? Die größte Fraktion in dem Stadtparlament war nicht vertreten und glänzte durch Abwesenheit!

Ein Großprojekt unter der Überschrift „Bürgerfreundliche Verwaltung“ ist die Umsetzung des Onlinezugangsgesetz (OZG). Das OZG verpflichtet Kommunen dazu, alle Verwaltungsleistungen bis Ende des Jahres  2022 anzubieten. „Digital ist eben nicht egal!“ Die Versäumnisse der Vergangenheit – nicht hier vor Ort, sondern ganz allgemein im öffentlichen Sektor - bekommen wir heute mit aller Wucht zu spüren. Und es wäre schön, wenn wir in nicht allzu ferner Zeit eine Onleihe für unser Bücher und Medien anbieten können, die den aktuellen Stand der Technik darstellt.

Auch die Sanierung des Schwimmbades mit einer Stahlbeckenvariante als Teil eines breiten Freizeitangebots findet unsere volle Unterstützung. Herr Lamping, eine kurze Anmerkung: Es ist nicht nur die FWG gewesen, die sich für die Stahlbeckenvariante eingesetzt hat. Nach etwas verschlungenen Wegen und emotionalen Aufwallungen hat sich das Parlament für diese Lösung entschieden. Dass wir die Stahlbeckenvariante noch einmal im HaFi von der wirtschaftlichen Seite beleuchtet, analysiert und diskutiert haben, war doch vollkommen richtig und vernünftig.

Wir sind die Treuhänder der uns anvertrauten Steuern und haben Rechenschaft vor den Bürgerinnen und Bürgern abzulegen, wofür wir die Gelder verwenden. Das nächste Großprojekt, das wir vor der Brust haben, ist die Fortentwicklung der Sportstätten in Nieder- und Ober-Rosbach. Hierzu stehen in den nächsten Monaten weitere Beratungen in den städtischen Gremien und in der Arbeitsgruppe Sportstätten an. Im Investitionsprogramm sind hierfür erhebliche Mittel eingestellt, was wir für richtig und vernünftig halten.

Was wir auch sehr begrüßen ist, dass Umwelt zu einem Hauptzielfeld für 2021 erklärt wurde. Natürlich sind wir als SPD-Fraktion ein wenig stolz darauf, dass unsere Initiative zur Entwicklung eines kommunalen Klimaschutzkonzeptes aufgegriffen wurde und von den anderen Parteien mitgetragen wird. Das Konzept umfasst inzwischen 49 Einzelmaßnahmen, von denen 33 aktiv sind. Und alle hier vertretenen Parteien und Gruppierungen sind aufgefordert, das Konzept weiterzuentwickeln und Ideen mit einzubringen. So haben wir uns als Orts-SPD u.a. für den Ausbau des Radwegenetzes und für die Errichtung einer Photovoltaik auf der Kläranlage und auf anderen städtischen Gebäuden eingesetzt. Eines sollte klar sein, Frau Colletti, Bündnis 90/Die Grünen haben kein Monopol auf Ökologie!

Herr Jacobi, Sie hatten in einer früheren Stadtverordnetenversammlung gesagt: „Rosbach first!“.Herr Jacobi, wir können uns einigen globalen Entwicklungen nicht entziehen und müssen hierauf reagieren. Die Klimaveränderung ist so ein Thema; sie wird zunehmend unser kommunalpolitisches Handeln bestimmen, ob wir wollen oder nicht. Ein kleines Beispiel: In dem Haushaltsentwurf 2021 sind für dieses Jahr nur noch Einnahmen aus Holzverkäufen in Höhe von 176.600 € eingeplant nach 318.900 € im Vorjahr.  Der Klimawandel fordert seinen Tribut, weil durch die Trockenheit das Angebot an Holz die Nachfrage deutlich übersteigt. Für 2022 sind Einnahmen von 445.700 € vorgesehen. Was ist, wenn die Trockenheit anhält? Klimaschutz ist eine internationale, eine nationale und kommunale Aufgabe. Es bleiben uns nur noch zwei oder drei Jahrzehnte, um die Dekarbonisierung der Wirtschaft hinzubekommen. Sollte es uns nicht gelingen, müssen wir uns über den Holzpreis keine Gedanken machen, denn dann steht eine Welle von Klimaflüchtlingen an unseren Grenzen. Global denken und  lokal handeln! – dies sollte das Motto für uns alle sein.

Als 3. Haupthandlungsfeld wird die Stadtentwicklung definiert! Genau richtig – auch dies ein zentrales Anliegen unserer Fraktion und ein wesentlicher Teil unserer kommunalpolitischen Leitlinien. Zu dem Unterpunkt Liegenschaften gehört die Sanierung der städtischen Wohnungen, für die wir uns stark machen und auch entsprechende Anträge eingebracht haben. Hierbei ist natürlich die Querschnittsaufgabe Klimaschutz zu beachten und eine energetische Erneuerung anzustreben. Zu dem Unterpunkt städtische Liegenschaften gehört auch die Grundsanierung des Alten Rathauses!  Ein wunderschönes Beispiel, wie durch Bürgerbeteiligung – von uns gefordert und beantragt - ein kommunales Leuchturmprojekt neue Gestalt annimmt und die Identifikation mit dem eigenen Stadtteil erhöht.

Zu dem Unterpunkt Verkehr/Infrastruktur gehört neben dem Ausbau der Radwege die Aufwertung des Bahnhof-Vorplatzes in Rodheim, die barrierefreie Umgestaltung der Bushaltestellen sowie ein ehrgeiziges Straßenbauprogramm – alles Punkte des mittelfristigen Investitionsprogramms. Wir sehen die Beibehaltung der wiederkehrenden Straßenbeiträge unter den gegebenen Umständen als den richtigen Weg, um den hohen Investitionsstau auf diesem Gebiet schrittweise, aber konsequent abzubauen.

Zu einer geradlinigen Stadtentwicklung gehört auch die Entwicklung von Gewerbe- und Wohngebieten. Die Bauleitplanung Ober-Erlenbacher-Weg zeigt uns doch mit aller Deutlichkeit, dass beide Punkte Hand in Hand gehen müssen, soll eine in sich stimmige, eine nachhaltige Stadtentwicklung gelingen. Gewerbebetriebe sind ein wichtiger Teil unseres lokalen, wirtschaftlichen Fundaments.

Und wer Arbeitsplätze vor Ort schaffen möchte, sollte sich auch für Wohnraum vor Ort einsetzen. Die Entwicklung eines Wohnbaugebietes und die Errichtung einer KiTa in Rodheim unterstützen wir. Doch wann werden wir erste Bauplätze unseren Rosbacher und Rodheimer Bürgerinnen und Bürgern anbieten können? Es werden Jahre vergehen, bis dies der Fall ist. Die Stadt ist nicht im Eigentum von Flächen und der Erwerb von Flächen wird Zeit beanspruchen, zumal die Grundstückspreise durch die Decke gehen. Es gibt aber eine Alternative in Form der Obergärten II. Hier ist die Stadt im Eigentum von Grundstücken und kann unter Einbeziehung von potenziell zu verlegenden Sportflächen Verkaufserlöse von grob 4,8 Mio. € erzielen. Allein im Tenniscenter NR sind städtische Mittel von 628.000 € gebunden – es sind Zinsen in Höhe von 180.000 € aufgelaufen.

Was die Priorisierung von Rodheim nun mit sparsamer Wirtschaftsführung und einer in sich stimmiger Stadtentwicklung zu tun haben soll, erschließt sich uns nicht. Wir werden sicherlich gleich wieder hören: Oh, die SPD will ein hemmungsloses Wachstum der Stadt.  Dies ist schlicht und einfach kompletter Blödsinn – wirklich kompletter Blödsinn! Es geht um die abschnittweise Entwicklung von Baugebieten, um unseren Bürgerinnen und Bürgern zeitnah und fortlaufend Grundstücke anzubieten. Es geht auch darum, mit den uns anvertrauten Steuergeldern sparsam und wirtschaftlich umzugehen. Es geht um eine in sich stimmige Stadtentwicklung. Es geht schlicht und einfach um gute Politik für unsere Stadt!

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion stimmt den Haushalt zu. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie unserem Antrag zu dem Baugebiet Obergärten II zustimmen könnten! 

Vielen Dank! 

Dr. Hans-Peter Rathjens